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Rätselhafte Orte auf einer alten Landkarte ...

... „Theatrum orbis terrarum“ des flämischen Geografen und Kartografen Abraham Ortelius (1527 – 1598). 

Diese Landkarte ist ein Geschenk der Familie Dr. Zschaage aus Weilmünster an das Heimatmuseum.

Abb. 1: Die Deutschlandkarte im Ortelius-Atlas von 1595

In dieser über 400 Jahre alten Karte waren auch schon die heutigen Länder Hessen (als Region HASSIA) und Thüringen (als Region (THVRINGIA) dargestellt, ebenso die benachbarten Regionen WESTFALIA (Westfalen), FRANCONIA (Franken) und SAXONIA (Sachsen), allerdings ohne deren Grenzen. Da es sich um eine kleinmaßstäbige Landkarte handelt, wurden neben den größeren Flussläufen nur die damals bedeutendsten Orte dargestellt. 

Schaut man sich die damaligen Regionen Hessen und Thüringen etwas genauer an, findet man sowohl die Namen von bekannten als auch von weniger bekannten Orten (siehe Abbildung 2). 

Auf hessischem Gebiet sind folgende Ortsnamen hinreichend sicher zu interpretieren (von Nord nach Süd): Caßel (Kassel), Fersler (Fritzlar), Spangenberg, Cappel (Waldkappel), Homburg (Homberg/Efze), Hirsfeldt (Bad Hersfeld), Dreis (Treysa), Marpurg (Marburg), Dillemberg (Dillenburg), Gießen, Weilburg, Fuld (Fulda), Buzbach (Butzbach), Gelnhausen, Fridberg (Friedberg), Francfort (Frankfurt am Main), Geraw (Groß Gerau) und Darstat (Darmstadt). Bei Aursperch könnte es sich um die Ruine der früheren Schlosses Auersburg nördlich von Hilders in der Rhön handeln.

Abb. 2: Kartenausschnitt mit den Regionen HASSIA und THVRINGIA

Daneben findet man aber auch zwei nicht eindeutig zuzuordnende Orte: Cronberg (östlich von Gießen gelegen) und Wielmust* (östlich von Weilburg an der Lahn gelegen, etwa im Bereich der heutigen Städte Leun und Solms). 

*Die Schreibweise „Wielmust“ wurde im Internet anhand anderer Ortelius-Landkarten von Deutschland aus dem Zeitraum 1570 – 1595 geprüft und für korrekt befunden.

Nimmt man bei „Cronberg“ einen größeren Kartierfehler an, könnte der bekannte Ort Kronberg im Taunus gemeint sein. Sollte dies auch bei „Wielmust“ der Fall sein – vielleicht war damit ja das heutige „Weilmünster“ gemeint?

Die Ortsnamen in Thüringen lassen sich ebenfalls weitgehend heutigen Städten zuzuordnen (von Nord nach Süd): Erffurt (Erfurt), Gotha, Crutzberg (Creuzburg), Iena (Jena), Aldenburg (Altenburg), Isenach (Eisenach), Vach (Vacha), Ilmenaw (Ilmenau), Weida, Salfeld (Saalfeld) und Eisfelt (Eisfeld). Bei „Solburk“ zwischen Saalfeld und Plawen (Plauen) im Südosten könnte es sich um „Saalburg“ handeln. Nur für den Ortsnamen „Hock“ westlich von Plauen konnte bislang keine Erklärung gefunden werden.

Interessant ist in jedem Fall, welche Orte in Hessen und Thüringen vor 430 Jahren bedeutend genug waren, um in einer gedruckten Deutschlandkarte dargestellt zu werden. Und zu den beiden rätselhaften Orten „Wielmust“ in Hessen und „Hock“ in Thüringen würden wir uns sehr über weitere Hinweise freuen.

Mitgeteilt von Bernhard Heckmann, Niedernhausen, und Christian Horn, Weilmünster - mit freundlicher Genehmigung der Schriftleitung der DVW-Mitteilungen Hessen-Thüringen.